Ein paar Gedanken zum Thema Fliegen und zum Philosophieren im Süden

Fliegen steht wie keine andere Fortbewegungsart (wenn man von der Fahrt mit einem Dieselauto in Deutschland absieht) in der Kritik, denn der CO2-Ausstoß des Flugzeugs ist verglichen mit dem anderer Verkehrsmittel enorm. Es gibt mittlerweile einen eigenen Begriff: die Flugscham. Wer fliegt, schämt sich oder solltest sich zumindest schämen. Ich werde deshalb immer wieder gefragt, wieso ich nicht einmal eine Philosophie-Reise in Deutschland oder Österreich anbiete, zu der man nicht mit dem Flieger anreisen muss.

Platons Heimat

Dazu habe ich zwei Antworten: die erste ist eine ganz persönliche. Ich bin ein Südmensch, ich liebe Griechenland, den Süden ganz allgemein und das Mittelmeer. Ich weiß, dass es an der Ostsee und Nordsee, im Allgäu, dem Bayrischen Wald, oder in Kärnten oder Tirol oder wo auch immer ebenfalls wunderschöne Plätze gibt, nur ziehen sie mich nicht so magisch an wie Platons Heimat. Ich bin ferner davon überzeugt, dass Orte uns und unser Denken mitprägen. Es mag Zufall gewesen sein, dass die abendländische Philosophie und Zivilisation zu ihrem ersten Höhenflug im Mittelmeerraum ansetze, aber sie tat es eben dort und nicht bei den Germanen. Unter Oliven über den Sinn des Lebens, über Freiheit, Veränderung, den Menschen, das Böse oder worüber auch immer nachzudenken und dabei aufs Mittelmeer zu blicken, macht etwas mit dem Denkenden.

Mediterranes Denken

Albert Camus prägte den Begriff des „mediterranen Denkens“, er sah in ihm ein Gegengift gegen die Wachstumsideologie des Nordens. Man mag die Idee des „mediterranen Denkens“ als Nostalgie abtun. Aber wer einmal in Griechenland jenseits des Massentourismus in einem kleinen Dorf in einer Taverne saß, der ahnt, dass diese Idee vielleicht nicht ganz so falsch ist. Ein Krug Wasser wird oft zum Wein gratis dazu gereicht und nicht mit 7 Euro berechnet, wie in unseren Breiten, wo exorbitante Mieten den Wirt oder die Wirtin dazu zwingen auf Teufel komm raus den maximalen Umsatz zu generieren.

In der Dorftaverne geht es in der Regel nicht darum, den maximalen Gewinn zu erzielen, sondern sie soll die Besitzerfamilie ernähren. Ich erinnere mich noch ein Gespräch, das ich mit einer Vermieterin und Tavernenbesitzerin vor einigen Jahren führte, die ungemein großzügig war. Es endete mit ihrem Satz: „I don‘t wanna be rich, I want to be happy“! Eine ganz ähnliche Haltung erlebte ich letztes Jahr, als uns ein Tavernenbesitzer an Maria-Himmelfahrt ein Lunchpaket schenkte, weil das ganze Lokal ausgebucht war und er den hungrigen Deutschen keinen Tisch mehr anbieten konnte.

Entschleunigung pur

Die Taverne ist wie das Kafenion mehr als nur ein Ort, an dem man etwas konsumiert. Es ist das Wohnzimmer eines Ortes, wo man sich trifft und zusammensitzt. Es geht um das Erleben von Gemeinschaft und darum das Leben zu genießen. Wer einmal einen Vormittag oder Nachmittag an einem solchen Ort verdöst hat, weiß was Entschleunigung bedeutet, ganz ohne Yoga- Achtsamkeits- und Meditationskurse. Es ist ein etwas anderer Lebensrhythmus, der oft mit dem Erleben einer großen Herzlichkeit und Freundlichkeit gepaart ist und der etwas mit uns macht, so wir bereit sind, uns darauf einzulassen.

Tourismus als Einkommensquelle

Und hier sind wir bei einem anderen Punkt, den ich im Kontext der Flugdebatte bedenkenswert finde: Gesetzt den Fall, niemand würde mehr in Länder reisen, die auf dem Landweg eher beschwerlich zu erreichen sind – man kann die 2000 km nach Griechenland natürlich auch auf dem Landweg reisen, wenn man genug Zeit hat) – was für Konsequenzen hätte das für ein Land wie z.B. Griechenland, das über 20% seines Bruttoinlandproduktes im Tourismus verdient, und 25% der Bevölkerung in diesem Sektor Arbeit bietet?

Begegnungen bereichern

Es gibt aber noch einen Punkt, weshalb mich die ausschließliche Reduktion des Reiseradius auf Gegenden, die man mit dem Fahrrad, Zug oder zur Not mit dem Auto oder Bus erreichen kann, wenig begeistert. Ich vertrete tatsächlich die Ansicht, dass Reisen unseren Horizont erweitern kann, wenn wir uns auf Begegnungen mit Menschen einlassen. Ich habe in Griechenland, aber auch in Süditalien immer wieder wunderbare Begegnungen mit Menschen erleben dürfen. Aus diesem Grund und aus vielen anderen finden meine Philosophiekurse in der Regel im Lande der Hellenen oder in Süditalien statt.

Weniger CO2

Wer seinen CO2-Ausstoß reduzieren möchte, hat ganz nebenbei noch einige weitere Möglichkeiten: neben weniger Autofahren und mehr Fahrradfahren, besteht eine weitere wunderbare Einsparmöglichkeit darin, den eigenen Fleischkonsum zu reduzieren. Hier dankt es uns nicht nur die Umwelt, sondern auch die Tierwelt. Und last but not least: Es gibt die Möglichkeit zu Kompensationszahlungen, auch wenn diese gerne als moderner Ablasshandel gebrandmarkt werden, sind sie besser, als nichts zu tun. Sie können sich gerne bei Atmosfair oder einer der anderen Organisationen über deren Programme informieren.